Besonders beliebt bei den Leserinnen von Arztromanen ist der Themenbereich Frauenklinik. Gerade hier zeigt sich, wie wichtig eine sensible medizinische und vor allem auch seelische Betreuung für die Patientinnen ist, worauf die Leserinnen dieses Genres großen Wert legen. Die große Arztserie Klinik am See setzt eben dieses Leserinteresse überzeugend um.
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte.
Die Serie Die Klinik am See ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete. Sie selbst bezeichnete ihre früheren Veröffentlichungen als Vorübungen für dieses grandiose Hauptwerk. Ein Schriftsteller, dessen besonderer erzählerischer Wunsch in Erfüllung geht, kann mit Stolz auf sein Schaffen zurückblicken.
Lisa Bruggmüller fühlte sich zwiespältig. Sie erwartete den Besuch ihres Freundes Rainer Hirsinger, und das war für sie Grund genug, sich auf den Abend zu freuen. Schon der Gedanke an ihn ließ ihr Herz schneller schlagen. Ihre Wangen röteten sich, so sehr belebte sie die Vorfreude. Andererseits wollte sie mit ihm ein ernstes Gespräch in einer wichtigen Angelegenheit führen, und das erfüllte sie mit Sorge. Rainer war in den letzten Wochen so anders geworden, irgendwie kühler. Immer war er in Gedanken versunken, nie war er geblieben, wenn sie ihn darum gebeten hatte. Er hatte es immer eilig gehabt, und Lisa kannte den Grund dafür nicht. Lisa war einundzwanzig Jahre alt und war Studentin an der Pädagogischen Hochschule München. Im Stadtteil Schwabing bewohnte sie zusammen mit zwei Kommilitoninnen eine kleine Dachwohnung. Jede der drei Studentinnen hatte ein eigenes Zimmer, gemeinsam gehörte ihnen eine geräumige Wohnküche. Dort trafen sie sich zum Tee, dort wurden auch Fachgespräche geführt und nach Möglichkeit gemeinsam gearbeitet. Heute hatte Lisa das Reich für sich, da Elke und Henny über das Wochenende heimgefahren waren zu ihren Eltern. Lisa war das nur recht. Denn was sie mit Rainer besprechen mußte, duldete keine fremden Zuhörer. Lisa gab sich viel Mühe, einen kleinen Imbiß für Rainer herzurichten. Auch eine Flasche Wein hatte sie kaltgestellt. Sie mußte lange warten, ehe es an der Tür klingelte. Sie atmete erleichtert auf, als sie Rainers Klingelzeichen — zweimal kurz, einmal lang — vernahm. “Endlich!”