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Balz Spörri,Barbara Lukesch

Starke Worte

  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Eines dieser Ereignisse fand auf einem unserer täglichen Spaziergänge statt. Wir sprachen normalerweise nie während dieser gemeinsamen Zeit, dem Schamanen war es wichtig, in der Stille zu gehen. Eines Nachmittags nach etwa einer Stunde Stille fragte er mich: »Was siehst du?« Ich beantwortete seine Frage und beschrieb ihm ein emotionales Stimmungsbild, das sich vor mir ergab. Und er wiederholte seine Frage: »Was siehst du wirklich?« Ich war verunsichert, da ich mir nicht im Klaren darüber war, worauf er hinauswollte. Er spürte diese Unsicherheit in meinem Blick. Ein weiteres Mal versuchte ich, seine Frage zu beantworten. Er erwiderte: »Was siehst du mit deinem Herzen?« Ich antwortete nicht. Mein Geist überlegte sich, wie wohl mein Herz diese Landschaft beschreiben würde. Ohne dass ich Zeit hatte, ihm zu antworten, fuhr er fort: »Lass dein Herz sprechen, nicht deinen Geist.«
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Sind Wolken Lebewesen? Ich glaube, der Mensch bildet sich in jedem Alter ein Konstrukt, was ein Lebewesen, was er selbst ist. Im Laufe der Jahre differenziert sich dieses Konstrukt. Und am Ende meint man, es vielleicht ein klein bisschen besser zu wissen.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Unsere Möglichkeiten, darüber nachzudenken, sind zu beschränkt. Allein schon der Zeitbegriff, den wir haben, ist sehr subjektiv. Er ist unserem doch sehr begrenzten Leben angepasst. Es scheint mir wahrscheinlich, dass es die Dimension Zeit letztlich gar nicht gibt.
    Zur Frage nach dem Leben gehört auch die Frage nach dem Tod. Ich habe mir früh darüber Gedanken gemacht. Anfang der Siebzigerjahre hatte ich grosse gesundheitliche Probleme und konnte mir nicht vorstellen, alt zu werden. Eine Zigeunerin in Paris sagte mir damals voraus, dass ich mit siebenundvierzig sterben würde. Der Mensch konstruiert sich aus seinen Ängsten heraus Vorstellungen, die ihn beruhigen. Ob diese stimmen oder nicht, ist gar nicht so wichtig. Was ich interessant finde: Wir machen uns sehr viele Gedanken, wie es nachher sein könnte.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Wenn Kinder die Wolken betrachten, sehen sie Drachen, Löwen, Elefanten. Sie projizieren Figuren in die Wolken hinein. Bis zu einem gewissen Alter gehen Kinder davon aus, dass alles, was sich bewegt, lebendig ist. Und damit auch die Wolken.
    Der Genfer Entwicklungspsychologe Jean Piaget hat eine Studie gemacht, in der er herausfinden wollte, wann etwas für Kinder lebendig ist. Eine der Fragen, die er stellte, war: »Sind Wolken Lebewesen?« Ich bin in den Siebzigerjahren während eines Aufenthalts in den USA auf diese Studie gestossen. Doch die Frage, was Leben ist, trieb mich schon viel länger an. Und sie beschäftigt mich noch immer.
    Ich kann mich erinnern, dass ich eines Tages, es muss im Kindergartenalter gewesen sein, merkte, dass ich mich veränderte. Ich war nicht mehr der Gleiche wie ein Jahr zuvor. Diese Erkenntnis, dass das Leben einen zeitlichen Ablauf hat, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Kindes. Davor lebt es in einer statischen Welt: Das Kind ist da, Mutter und Vater sind da, die Katze ist da. Es war gestern so, es ist heute so, und es wird morgen so sein.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Eines Tages ist mir dann der Satz »Was störts die alte Eiche, wenn sich ein Stachelschwein dran reibt?« über den Weg gelaufen. Entzückend, nicht wahr? Dieses Bild hat mich sofort angesprochen: Da steht diese alte starke Eiche, tief verwurzelt im Erdreich, und geht locker mit den Kratzern um, die ihr ein Stachelschwein zufügt, ja spürt sie vielleicht nicht einmal. Das war mein Satz, und ich wusste sofort: So möchte ich auch werden, dieses Eiche-Gefühl möchte ich auch entwickeln. Inzwischen schaffe ich es bereits zu 80 Prozent, Eiche zu sein. Zugegeben, wenn ich krank oder müde bin, kann mein Wert etwas sinken, aber wenn ich im Gleichgewicht bin, mich gesund fühle, gut singe und weiss, dass es auch all meinen Lieben gut geht, erreiche ich bereits – na ja – 82 Prozent.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    wichtig es ist, sich sowohl von negativer als auch positiver Kritik unabhängig zu machen. Wer wegen eines Lobs euphorisch wird, stürzt wegen eines Verrisses, der in jeder Karriere so sicher wie das Amen in der Kirche einmal kommt, todsicher ab. Was wirklich zählt, sind das eigene Gefühl und das eigene Urteil. Man sollte sich selber der wichtigste Gradmesser sein. Um diesen Punkt zu erreichen, durchläuft man einen harten, langen Prozess, der auch mit Tränen verbunden sein kann.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Extremfall könnte man sogar behaupten, dass der Erfolg – hat man ihn einmal gekostet – zur Droge werden kann!
    Das Dumme an jeder Droge ist nur, dass man sich an sie gewöhnt. Man kommt auf den Geschmack. Bis zu dem Tag, wo der Erfolg plötzlich ausbleibt. Es ist wie ein brutaler Entzug, wie ein Elektroschock. Eben noch entwickelten sich die Dinge so von allein, dass man das Gefühl hatte, auf dem Wasser gehen zu können. Doch ein Fehler, und alles verändert sich. Jeder Tag ist ein neuer Tag. Während man selbst vielleicht auf den Lorbeeren ausruhte, schritten andere weiter voran. Und in einer vom Wettbewerb geprägten Welt, die sich extrem schnell verändert, garantieren die Erfolge von gestern nicht zwangsläufig den Erfolg von morgen.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Denn der Erfolg versprüht eine positive Dynamik, die einem Lust macht, über das, was man gerade erreicht hat, noch hinauszuwachsen.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Heute bin ich eine junge Zweiundsiebzigjährige und stehe voll im Beruf, meiner grossen Leidenschaft, die mich fit und knusprig erhält. Ich brauche keine Wellness-Kuren, ich atme tief durch und bin glücklich, weil ich im Einklang mit mir bin.
  • mmilosevic67hat Zitat gemachtvor 4 Jahren
    Seither gehe ich meinen Weg konsequent weiter, ich gestehe mir auch das Recht zu, Fehler zu machen, einmal den falschen Stoff zu wählen, ein anderes Mal das falsche Modell – egal, nur auf diese Art kann ich mich weiterentwickeln. Ich bin schräg, fürwahr, und ich werde immer schräg bleiben. Aber ich bin immer zu mir selber gestanden, bin mir treu geblieben, auch wenn es manchmal verlockend gewesen wäre, aus der eigenen Haut zu schlüpfen und eine neue, fremde anzuprobieren. Ich habe genug Kollegen gesehen, die auf diesem Weg Schiffbruch erlitten haben. Wenn ich nochmals anfangen könnte, würde ich alles wieder genau gleich machen.
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