Was früher die Diäten waren, sind heute die zum korrekten Lebensstil erklärten Essmarotten. Ob vegan, laktose— oder glutenfrei — radikale Ernährungsweisen sind Dauerthema in Zeitschriften, Ratgebern und Talkshows. Anders als bei den meisten Diäten geht es bei diesen Ernährungsweisen aber nicht nur um persönliche Gesundheit oder Fitness. Sondern um das “richtige Leben”. Essen wird damit zu einem Schlachtfeld weltanschaulicher Auseinandersetzungen, die vor allem eines bewirken: Dass wir zu genießen verlernen.
Neben dem Veganismus finden auch andere Spielarten des Ernährungsfundamentalismus zunehmend Verbreitung: Von den überzeugten Free Froms, die Laktose und Gluten wie künstliche Zusatzstoffe meiden, bis zu sektenhaft agierenden Kulinarikern, die in Glutamat ein Elixier des Teufels sehen und in jedem neuen Convenience-Produkt ein Indiz für den Untergang des Abendlandes.
Bei aller Kritik am weitgehend industrialisierten Ernährungssystem: Alarmismus und Hysterie werden daran nichts ändern. Ein kritischer und zugleich gelassener Umgang mit dem Essen eröffnet dagegen neue Wege in eine bessere kulinarische Zukunft.
Die bekannte Ernährungswissenschaftlerin und Foodtrendexpertin Hanni Rützler und der Kulturwissenschaftler Wolfgang Reiter analysieren in diesem Buch die auf unterschiedlichsten Fronten geführten ideologischen Debatten um das “richtige Essen”, die — im Übergang von der Industrie— zur Wissensgesellschaft — auch stellvertretend für Kontroversen über das “richtige Leben” stehen.
Ihr Plädoyer für mehr Gelassenheit beim Essen bietet zugleich auch praktische Orientierungshilfen abseits fundamentalistischer Konzepte. Und es macht deutlich, dass Genuss nicht das Gegenteil von Gesundheit ist, sondern der Schlüssel dafür, um nicht nur gesund, sondern auch gut zu leben.