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Ralph Waldo Emerson

Spirituelle Essays

Spirituelle Essays beinhaltet:

Die Über-Seele
Aus dem Inhalt:
So möge denn der Mensch die Offenbarungen erkennen, welche die ganze Natur und alles Denken seinem Herzen künden, nämlich dies, dass das Höchste bei ihm weilet; dass die Urquellen der Natur in seinem eigenen Geiste sind, sobald das Gefühl und die Erkenntnis der Pflicht in ihm sind. Aber wenn er wissen will, was der große Gott spricht, dann muss er «in sein Kämmerlein gehen und die Tür hinter sich schließen», wie Jesus sagte. Feiglingen will Gott sich nicht offenbar machen. Er muss auf sich selber lauschen, groß und ganz, und sich von allen Akzenten der gewöhnlichen Gottesverehrung der Leute lösen. Selbst Gebete sind schädlich, solange wir uns nicht unsere eigenen Gebete verfasst. Unsere Religion, die Religion der Menge stützt sich auf die Zahl ihrer Anhänger. So oft nun — wie indirekt es auch geschehen möge — an die Zahl appelliert wird, sie ist da und damit proklamiert, dass eine Religion hier nicht vorhanden ist. Wer Gott als einen süßen, rings umhüllenden Gedanken erkennt, der zählt nicht, wie viele sich in seiner Gesellschaft befinden. Wenn das Ungeheuere mit mir ist, wer soll denn einzutreten wagen? Wenn ich ruhe in vollkommener Demut, wenn ich brenne vor reiner Liebe, was können Calvin und Swedenborg mir sagen?

Geistige Gesetze
Aus dem Inhalt:
Jeder Mensch hat seinen eigenen Beruf. Das Talent ist der Beruf. Es gibt eine Richtung, nach der hin der ganze Raum ihm offen liegt. Es sind Fähigkeiten in ihm, welche ihn schweigend zu endloser Betätigung einladen. Er ist wie ein Schiff auf dem Flusse: er rennt gegen Hindernisse auf allen Seiten, nur auf der einen nicht, da ist aller Widerstand hinweggenommen, und ruhig gleitet es über einen immer tieferen Kanal in ein unendliches Meer hinaus. Dieses Talent und dieser Beruf hängen von seiner inneren Beschaffenheit ab, oder von der Art, wie die Allseele sich in ihm verkörpert. Es treibt ihn, das zu tun, was ihm leicht fällt und in der Vollendung als gut erscheint, das aber kein anderer zu tun vermag. Ihm erwächst kein Nebenbuhler; denn je ernstlicher er seine eigene Kraft prüft, umso mehr wird sein Werk sich von dem Werke anderer unterscheiden. Sein Ehrgeiz ist seinen Kräften genau angemessen. Die Höhe des Turmes wird durch die Breite der Basis bestimmt. Ein jeder hat diese Mission der Kraft, etwas in seiner Art einziges zu tun, in sich, und keiner hat einem anderen Rufe zu gehorchen. Der Vorwand, er habe einem anderen Rufe zu folgen, einem Namensaufruf, einer persönlichen Erwählung und äußeren Zeichen, die ihn als ungewöhnlich und über die Menge ragend hinstellen, ist Fanatismus und verrät Unfähigkeit zu begreifen, dass ein Geist durch alle Individuen geht, ohne Achtung der Persönlichkeiten.

Jeder schafft sich seinen eigenen Maßstab. Es ist ein aller Annahme werter Grundsatz, dass ein Mensch der Freiheit, die er sich nimmt, genieße. Nimm deinen Platz und die dir zugehörige Stellung ein, so werden alle Menschen dir zustimmen. Die Welt muss gerecht sein. Sie überlässt es jedem mit vollkommener Gleichgültigkeit, sich einen Maßstab zu schaffen. Held oder Narr, sie mischt sich nicht in die Sache. Sie wird sicherlich eueren eigenen Maßstab eueres Seins und Handelns annehmen, ob ihr nun herumschleicht und eueren eigenen Namen verleugnet, oder ob ihr euer Werk auf die gewölbten Sphären des Himmels ausgedehnt seht, eins mit dem Kreislauf der Sterne.

Erstveröffentlichung: jeweils um 1920
Umfang: jeweils ca. 30 Buchseiten
66 Druckseiten
Copyright-Inhaber
Bookwire
Ursprüngliche Veröffentlichung
2018
Jahr der Veröffentlichung
2018
Verlag
neobooks
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