Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt!
Als der Huber-Berni ins Haus kam, sah man ihm überdeutlich an, wie mißgelaunt er war. Es war gegen halb elf und um diese Zeit setzte er sich immer zur Brotzeit an den Tisch. Seine Großmutter Lena stellte ihm Brot, Speck, Almkäse und Essiggurken auf den Tisch, brachte dazu einen Krug Apfelmost, den mochte der Berni am liebsten, und sagte dann, daß die Heidi aus dem Bergerhof angerufen habe. “Und?” fragte Berni, “was hat sie wollen?” «Ob du deine Joppe dagelassen hättest?” Spontan schüttelte der junge Bursche den Kopf. «Aber sie meint, es wär' deine.” «Es wär' das erste Mal, daß ich wo meine Joppe vergessen hätt'. “Schau halt nach, ob deine da ist”, sagte seine Großmutter, «und wenn net, dann fährst rasch hinüber in den Bergerhof, dir die Jacke holen. Dann kannst auch gleich das Viertel Rind mitnehmen, was sie bei uns bestellt haben.” Der Berni hatte den Hof vor zwei Jahren, nachdem sein Vater ganz plötzlich verstorben war, übernommen und war dabei, ihn zu einem Biohof umzufunktionieren. Das heißt, er betrieb eine artgerechte Haltung seiner Rinder, die, wenn sie nicht auf der Alm standen, nur das Futter bekamen, das er selbst produzierte. Genau das honorierten die Leute, indem sie bei dem Berni extra Fleisch vorbestellten. Ansonsten betrieb der Huberhof Alm— und Weidewirtschaft, was nichts anderes hieß, als daß man vom Verkauf von Käse, Butter und anderen Milchprodukten lebte. Der Huberhof war einer der größten der Gegend. Er stand auf halbem Weg ins Kammtal, wo es sonst weit und breit keinen anderen Hof gab. Der Berni war ein fescher Bursche von einundreißig Jahren, er war groß und sportlich gebaut, hatte dunkelblonde Haare, ein offenes Gesicht und früher war er mal ein lustiger Bursch gewesen, der überall dabei gewesen war, wo es zünftig zuging. Doch seit dem Tod seines Vaters nahm der Berni sich ein wenig zurück, was einmal mit der vielen Arbeit zu tun hatte und zum anderen damit, daß er sehr unter den Verlust seines Vaters litt, davon gingen die Leute jedenfalls aus.