Thomas Reich

Hämophil

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++ Kunst ++ Schmerzen ++ Fotzenblut ++
Daniel Berger ist bildschaffender Künstler. Am Liebsten taucht er seinen Pinsel in rote Farbe. An allen übrigen Tagen des Monats bringt er das Loch mit Gewalt zum Bluten. Seine Kindheit prägt der eiserne Verwesungsgestank eines Fischkadavers. Mutter vertritt die Lehren freier Menstruation. Wo sie geht und steht, sickert der eisenhaltige Saft in die Fliesen, und färbt den Mörtel rot. Als Mutters heiliger Schenkelbrunnen versiegt, greift er zum Äußersten.
GEBURT EINER BESTIE
Berger zog sich aus, Schamgefühle waren ihm fremd. Dass sein bester Freund ihn nackt sah, oder das spätere Publikum dieser speziellen Footage. Langsam stieg er in die Brühe, wie ein Crouton oder eine Sahnehaube. Das Blut war eiskalt. Daniels Nippel wurden hart, seine Hoden zogen sich zusammen. Er brachte seine Genitalien für die Kamera optimal in Positur. Vom Wohnzimmer wehte leichter Wind, das offene Fenster ging zum Hof. Wo Katzen sich um Fischreste balgten, und eilige Paare zwischen den Mülltonnen vögelten. Daniel schöpfte den Lebenssaft mit beiden Händen, und ließ ihn über seiner Glatze rinnen. Mit geschlossenen Augen dachte er an noch zu schaffende Kunstwerke. Wie faulen Fisch konnte Berger das Blut an seinen Händen riechen. Langsam schwollen seine Eier wieder zu normaler Größe. Auch sein Schwanz erholte sich vom Temperatursturz. Halbsteif ragte er aus einem Büschel blutverschmierter Schamhaare. Der ganze Akt hatte etwas von archaischer Barbarei. Schlagartig öffnete er die Augen, finstere Fenster zur Seele. Daniel verschwand, ein völlig Fremder saß blutverschmiert in der Badewanne. Dann sperrte das Ding sein Maul auf zum Schrei.
“Ich war ein Ei, ich war ein Samen!”
Engelmacher wohnte einer besonderen Geburt bei, wohl der sonderbarsten seiner ganzen Karriere. Im Schweiße seines eigenen Angesichts wurde Daniel wiedergeboren. In der Wanne tobte ein wildes Tier ums Existenzrecht. Sprang auf in einer Blutfontäne, dass Engelmacher fast die Kamera fallenließ. Was hatte Berger ihm eingebläut? Draufhalten, egal was passiert.
«Mich drängt's zur Welt hinaus!»
Rote Fußabdrücke auf studentischem Linoleum, Griffspuren von Gewaltopfern am Türrahmen. Mühsam hielt Engelmacher Schritt, das Kamerabild wackelte. Den offenstehenden Mündern seiner Mitbewohner nach zu urteilen, hatte Daniel sie nicht eingeweiht. Manuela saß über Vorlesungsnotizen, und versuchte die Quintessenz aus Dr. Rothemunds Vortrag über das Sozialverhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit zu destillieren. Dorian kratzte Eisenoxyd von einem Stein. Die Geschlechtskrankheiten der Geologie. Was einen erwartete der sich an Gneisadern rieb, als wären's die linke und rechte Schamlippe der Erdgeschichte.
“Nicht weiter beachten, das ist Kunst.”
“Der springt aus dem Fenster!”
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